Sonntag, 9. Januar 2011

Deutsch-Interpretation (S.164-166)

In dem Roman „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink, welcher im Jahre 1995 erschienen ist, geht es um die Liebesbeziehung des zu Beginn 15jährigen Michael Bergs und der 21 Jahre älteren Frau Hanna Schmitz. Beinahe krampfhaft versucht Michael seine erste Liebe zu vergessen, jedoch scheint ihm das nicht wahrhaftig zu gelingen. Sein ganzes Denken scheint von dieser Frau und früheren KZ-Wächterin eingenommen zu sein, und hat somit drastische Konsequenzen für Michaels Leben. Es treibt ihn in die Verzweiflung und setzt ihm psychisch zu.


Das Buch bzw. Geschehen beginnt mit der Gelbsucht des 15 Jahre alten Michael Bergs. Er erbricht sich vor Hannas Haus, und lernt somit seine spätere erste Liebe kennen. Bei einem Dankesbesuch beobachtet er Hanna bei dem Anziehen ihrer Strümpfe und ist gleichermaßen erregt wie fasziniert. Er kann nicht von ihr ablassen und besucht sie ein weiteres Mal, bei welchem er seinen ersten sexuellen Kontakt mit einem weiblichen Wesen erlebt und sich verliebt. Fortan geht Michael täglich zu Hanna, um mit ihr zu schlafen. In einem Gespräch zwischen den Liebenden verlangt Hanna, dass Michael ihr vorlesen solle. Diese Forderung wird nun zur Voraussetzung für den Beischlaf. In einer Aprilwoche gehen sie gemeinsam eine Radtour machen, bei welcher es zu einem Konflikt kommt. Michael hinterlegt Hanna einen Zettel um sie von seiner kurzzeitigen Abwesenheit zu unterrichten. Jedoch scheint Hanna diesen Brief nie zu Gesicht bekommen zu haben, denn sie reagiert zornig auf sein Verschwinden. Trotz dieses Gefühlsausbruches behalten Michael und Hanna ihr Ritual des Liebens und des Vorlesens bei. Bald darauf beginnt Michael, in seinen Augen, Hanna zu verraten und macht sich somit schuldig. Er erzählt niemandem von seiner heimlichen Beziehung. Obgleich wie wenig sie voneinander wissen liebt er sie und es erschüttert ihn, als Hanna plötzlich weg ist. Michael studiert dann Rechtswissenschaft, kann seine erste Liebe aber nie endgültig hinter sich lassen. Völlig unvermittelt trifft er sie im Gericht wieder, denn sie wird wegen ihrer unmenschlichen Handlungen als KZ-Wächterin angeklagt. Gepaart mit Hilflosigkeit und Anspannung erwartet Michael das Urteil des Richters, welcher sich für lebenslange Haft ausspricht. Ihm wird klar, weshalb Hanna sich nicht wehren kann, und wieso sie sich vorlesen hat lassen. Hanna ist Analphabetin. Michael zieht sich immer mehr zurück und denkt über die Vergangenheit nach.


In dem 2.Kapitel des dritten Teils des Romans erzählt Michael, als auktorialer Erzähler, von seiner ersten Frau Gertrud, seiner Tochter Julia, weiteren Beziehungen und seiner Sehnsucht nach Hanna. Man kann diese Textstelle in vier verschiedene Abschnitte unterteilen. Der erste Abschnitt (S.164 Z. 1-8) handelt von seiner Vorgeschichte mit Getrud. In der zweiten Passage (S.164 Z. 9 – S.165 Z. 27) geht es um die Ehe und Beziehung von Michael und Gertrud. (S. 165 Z. 28 – 48) beinhaltet den dritten Ausschnitt, in welchem der Ich-Erzähler von ihrer Scheidung spricht und von seiner Schuld gegenüber Julia. Das vierte Segment, (S. 165 Z.49 – S.166 Z. 70), schildert Michaels spätere Beziehungen und seinen Wunsch nach Hanna.

Anfangs beschreibt der Protagonist Michael wie er und Gertrud sich kennengelernt haben („Gertrud und ich hatten uns auf der Skihütte kennengelernt,…“ S.164 Z. 1-2) und schildert in knapper Textlänge ihre gemeinsamen Erlebnisse. Auffallend ist, dass der Ich-Erzähler oft das Wort „zusammen“ benutzt (S. 164 Z. 5-7 „…wir studierten zusammen, bestanden zusammen das Examen und wurden zusammen Referendare.“).

Jedoch schienen sie sich trotz ihrer gemeinsamen Lebensetappen nicht nahe genug gestanden zu sein, da Michael ihr nie von seiner ersten Beziehung erzählte (S. 164 Z.9 „Ich habe ihr nichts von Hanna erzählt.“) Allerdings erklärt der Erzählende dass, wenn er und Gertrud ein anderes Leben geführt hätten, die Beziehung ein glückliches Ende genommen hätte. Gäbe es „viel Arbeit und wenig Zeit füreinander“ (S.164 Z.14-15), würde Michael von Hanna abgelenkt sein, und seine Frau nicht mit Hanna vergleichen („Ich habe nie aufhören können, das Zusammensein mit Gertrud mit dem Zusammensein mit Hanna zu vergleichen,…“ S.164 Z. 18-29). Denn bei dieser Gegenüberstellung war es immer Gertrud, welche sich „falsch anfaßt und anfühlt,…falsch riecht und schmeckt“ (S. 165 Z.23-24). In den Zeilen 24-25 auf der Seite 165 lässt sich eine Klimax finden „Ich dachte,… Ich hoffte,… Ich wollte…“ welche zum Ausdruck bringt wie sehr Michael von seiner Sehnsucht nach Hanna befreit sein wollte („Ich wollte von Hanna frei sein.“ Z.25 S.165) Dennoch gelingt es ihm nicht, diese aus seinem Leben zu verbannen „Aber das Gefühl, daß es nicht stimmt, hat sich nie verloren“ (S.165 Z.26-27), was seine Hilflosigkeit und Verzweiflung bezeugt.

Nun wird dem Leser offenbart, zu was dies alles führte „Als Julia fünf war, haben wir uns scheiden lassen“ (S.165 Z.28). Es bleibt die Frage, ob dies wahrhaftig Liebe war oder nur Zuneigung. Denn die Schilderungen des Ich-Erzählers von der Beziehung zwischen Gertrud und ihm sind sehr sachlich, und ohne Gefühl gewesen. Die Reaktion der Tochter Julia auf die Scheidung ihrer Eltern trifft Michael jedoch tief „Gequält hat mich, daß wir Julia die Geborgenheit verweigerten, die sie sich spürbar wünschte.“ (S.165 Z. 30-32). Er fühlt sich schuldig seinem Kind gegenüber „Wir haben sie um ihr Recht betrogen, indem wir uns haben scheiden lassen, und daß wir es gemeinsam taten, hat die Schuld nicht halbiert“ (S.165 Z.45-48). Er selbst benennt es treffend „…,brach es mir das Herz“ (S.165 Z.43).

Michael beschließt aus seinen Fehlern zu lernen. Doch trotz seines guten Willens kann er Hanna nicht loslassen, denn sie ist sein Frauenideal („…,daß eine Frau sich ein bißchen wie Hanna anfassen und anfühlen, ein bißchen wie sie riechen und schmecken muß, damit unser Zusammensein stimmt“ S. 165 Z. 50-S.166 Z.53) Als er jedoch in seinen späteren Beziehungen „von Hanna erzählt“ (S.166 Z.53-54) muss er feststellen dass sich keine seiner Freundinnen für seine erste Liebe interessiert. Das mangelnde Verständnis der Frauen ist sicherlich ein Grund, weshalb Michael aufgibt. Aufgibt gegen seine Gedanken und Gefühle gegenüber Hanna zu kämpfen und schließlich, hinsichtlich dieses Themas verstummt („So gab ich das Erzählen wieder auf.“ (S.166 Z.68-69). Er resigniert und ist überzeugt davon dass man durch seine Taten zeigt was einen beschäftigt, auch ohne zu sprechen („Weil die Wahrheit dessen, was man redet, das ist, was man tut, kann man das Reden auch lassen.“ S.166 Z.69-70) Der Ich-Erzähler stellt das Reden über seine Gedanken und Gefühle also als unnötig dar.


Anhand dieses Romans sieht man was für ein Ausmaß an Beeinflussung ein einziger Mensch auf einen anderen haben kann. Der Autor Bernhard Schlink wollte sicherlich eben dies veranschaulichen. Oftmals, wie in dem Fall von Hanna und Michael, hat man mehr Einfluss auf das Leben des anderen als man vielleicht glauben möchte oder glauben kann. Auch zeigt das Buch, wie wichtig es ist in einer Beziehung zu sprechen und was das Fehlen der Aussprache für Folgen hat. Ob Hanna gewusst hat was sie ihm antat? Ob Michael sich selber zu viel Schuld angelastet hat? Dies sind Fragen die mir oftmals beim Lesen in den Sinn gekommen sind – und für die ich keine klare Antwort besitze.

1 Kommentar:

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